Erste Ansprechpartner für die SelbstständigkeitErste Ansprechpartner für die Selbstständigkeit? Die Frage ist gar nicht so leicht zu beantworten, wenn Sie ganz am Anfang Ihres Weges stehen. Insbesondere, da dies ein ganz spezieller Fachbereich ist, mit dem Sie wahrscheinlich noch nie etwas zu tun hatten. Im Folgenden Beitrag gehe ich daher auf die verschiedenen Spieler auf dem Markt der Existenzgründung ein. Ja richtig gelesen, es ist aus Sicht der Anbieter ein Markt, sogar ein sehr lukrativer.

Neulich in der Facebookgruppe „Startupszene Dresden“

Facebookgruppen eignen sich in meinen Augen hervorragend, um sich unverbindlich zu informieren, auszutauschen und Kontakte zu knüpfen. So zum Beispiel informierte sich ein angehender Gründer über seine nächsten Schritte in die Selbstständigkeit.

„hallo gemeinde,
wie sind denn so eure erfahrungen mit steuerberatern hier in dresden? gibts welche, von denen man lieber die finger lassen sollte und auf der anderen seite welche, die mit umfassender kompetenz zur seite stehen?“

Daraufhin folgten wild in den Raum geworfene Empfehlungen, aber auch die wichtige Frage nach dem Warum. Die Antwort war die folgende:

„naja…ich hab halt schon noch spezielle fragen. darunter:
-für uns günstigste rechtsform (dienstleistungsvermittlung)
-vor- und nachteile von bezahlformen hinsichtlich zu erwartender steuern

-gestaltung von verträgen
-marktanalysen
-fördermöglichkeiten
-evtl existenzgründende begleitung
-außendarstellung der unternehmung
– hilfe beim businessplan
– grundsätzliches zum kaufmännischen know how

Jetzt wurde es gleichsam schwieriger, Namen in den Raum zu werfen. Doch genau dies ist der Knackpunkt bei der Suche nach den richtigen Ansprechpartnern: Es gibt nicht DEN RICHTIGEN, sondern es gibt meist nur eine Kombination aus mehreren, auf das individuelle Anliegen, passenden Ansprechpartner.

Strategie bei der Auswahl der Ansprechpartner

Es stellt sich also nicht die Frage nach dem richtigen Ansprechpartner. Die Frage sollte eher lauten, in welchen unternehmerischen Bereichen besitze ich Defizite im Wissen und wer kann mir dabei helfen?

Institutionelle Ansprechpartner – Grundsätzliche Informationen erhalten

Institutionelle Ansprechpartner sind meistens staatlich geschaffene Einrichtungen („Behörden“), die unterschiedliche wirtschaftsfördernde Zwecke erfüllen. Aber auch Verbände gehören dazu. Die Existenzgründung ist ein solcher wirtschaftsfördernder Zweck, da hierdurch die Wirtschaft belebt wird. Die Angebote können meist kostenfrei genutzt werden.
Kammern
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) sowie die Handwerkskammer (HWK) haben für Gründer einzelne Ansprechpartner. Zudem gibt es zahlreiche Informationsveranstaltungen. Die Kammern helfen, einen Überblick über Möglichkeiten in der Gründung zu erhalten und geben Hinweise für die Umsetzung des Weges in die Selbstständigkeit.
Wirtschaftsförderung der Kommune
Die Wirtschaftsförderung der Kommune ist ebenfalls bestrebt, die Gründung von Unternehmen zu unterstützen. Auch hier erhalten Existengründer eine breite Vielfalt an Informationen. Zudem können Sie bei der Wirtschaftsförderung auf Wissen rund um die Gemeinde / Stadt zurückgreifen. Unterstützung bei der Standortsuche, Hinweise zu möglichen kommunalen Förderungen sowie die Teilnahme an Marketingaktivitäten der Kommune sind Möglichkeiten, um vom Angebot der Wirtschaftsförderung zu profitieren.
Förderbanken der Bundesländer
Den Zuschuss für das Gründercoaching Deutschland gibt es bei der KfWDie Förderbanken der Länder, z.B. in Sachsen die Sächsische Aufbaubank, sind beauftragt, EU-, Bundes- und Landesförderungen an Unternehmen und Existenzgründer zweckgebunden zu verteilen. In einigen Bundesländern sind an diese Förderbanken auch mehr oder weniger umfassende Beratungsleistungen hinsichtlich der Gründung etabliert.
 
Agentur für Arbeit
Meist haben Sie es hier mit einem Sachbearbeiter zu tun, der nie selbstständig war. Dieser gibt Ihnen dann Hinweise zum von der Agentur vergebenen Gründungszuschuss und zur freiwilligen Arbeitslosenversicherung und was Sie dafür tun müssen. Inhaltliche Hilfe für Ihr individuelles Vorhaben brauchen Sie nicht erwarten.
Wirtschaftsverbände
Bei uns in Sachsen unterstützt – ähnlich der Kammern – z.B. der Landesverband der Freien Berufe beim Weg in die Selbstständigkeit. Aber auch Verbände aus der Branche des zu gründenden Unternehmens sind gute Ansprechpartner, um Marktdaten für das eigene Vorhaben zu erhalten. Ebenso sollten sich künftige Einzelhändler mit den ansässigen Gewerbevereinen über Chancen des Standortes unterhalten. Auch hier sind die Angebote meist kostenfrei, helfen aber bei der Orientierung sehr weiter.

Anbieter aus dem Marktbereich „Existenzgründung“

„Wissen ist Macht“, sagte schon Francis Bacon (1561–1626). Und wer von diesem Wissen profitieren möchte, darf dafür auch bereit sein, zu bezahlen. Und gerade wenn es um die Existenzgründung geht, herrscht ein heiterer Wettbewerb unter den Anbietern, die ihr Wissen dem unerfahrenen Existenzgründer zur Verfügung stellen. Umso wichtiger wird es in diesem Punkt, strategische Entscheidungen anhand der Zielstellung zu treffen.
Steuerberater und Buchhaltungsbüros – „Man kommt nicht drum herum“
Zielstellung: Steuerliche Vorschriften einhalten; Gewinnminimierung, um Steuern zu sparen
Steuerberater und Buchhaltungsbüros kennen sich in der Regel sehr gut mit Zahlen und den steuerlichen Rahmenbedingungen im Unternehmertum aus und helfen bei der Findung der Rechtsform aus steuerrechtlicher Sicht. Das ist die große Stärke dieser und diese sollten Gründer auch so nutzen. Weitere wichtige Punkte sind: regelmäßige Gespräche zur Situation des Unternehmens, Investitionsplanung (bspw. für Gewinnrückstellungen) sowie stets Realitätssinn: Es bringt Ihnen nichts, wenn der Steuerberater mit viel zu hohen Gewinnrückstellungen Ihre Steuerlast im Heute senkt. Umso mehr müssen Sie an Steuern in den kommenden Jahren nachzahlen, wenn Sie die Gewinnrückstellungen nicht für den angegebenen Zweck verwenden.
Im Übrigen unterscheiden sich Steuerberater und Buchhaltungsbüros nicht so stark in den Kosten, wie oftmals angenommen. Und mit einer Kapitalgesellschaft (UG, GmbH, etc.) brauchen Sie sowieso einen Steuerberater für den Jahresabschluss.
Mein Fazit: Suchen Sie sich einen Steuerberater, der von Anfang an mitdenkt, selbst Fragen aufwirft und nicht nur auf Ihren Input wartet und dann abarbeitet. Da im Unternehmen meist die Wissensressource zur Buchhaltung/Jahresabschluss fehlt oder dies unnötig viel Zeit in Anspruch nimmt, empfehle ich das dauerhafte Outsourcing an Steuerberater.
Rechtsanwälte – „Rechtlich sauber in die Zukunft“
Zielstellung: Gesellschaftsrechtliches Vertragswesen optimieren; Kritisches Hinterfragen hinsichtlich künftiger negativer Ereignisse (z.B. Trennung von Gesellschaftern)
Gute Rechtsanwälte haben umfassendes gesellschaftrechtliches Wissen, verstehen Ihr Vorhaben und planen mit Ihnen die Zukunft – aus rechtlicher Sicht. Sie sichern Ihnen mit passenden Verträgen die Rahmenbedingungen für ein funktionierendes Geschäft. Dazu zählen Gesellschaftsformen, Verträge und auch Überlegungen zu Krisensituationen.
Mein Fazit: Ich würde Rechtsanwälte anfangs – wenn notwendig – nur für ein Gespräch zur Auswahl der Gesellschaftsform und danach für das Vertragswesen einbinden. Je nach Vorhaben mehr oder weniger. Nur ein Teil aller Rechtsanwälte sind in Ihrer Kanzlei so breit aufgestellt, um in fast allen Belangen helfen zu können.
Existenzgründerberater – „Im besten Falle die Eier legende Wollmichsau“
Zielstellung: Gewinnmaximierung, Geförderte Beratungsleistung erhalten, Businessplan erstellen, Finanzierungsvorhaben realisieren, Marketing- und Vertriebsunterstützung
Um es kurz zu fassen, halt ich das zu erbringende Leistungsportfolio als (grob zusammengefasste) Liste:

  • Innovator für das Unternehmen: strategische Planung und gemeinsame Umsetzung Ihres Vorhabens in allen betriebswirtschaftlichen Bereichen (außer Steuern und Recht):
    • Unternehmenskonzeption und Businessplan
    • Finanzplanung und Finanzmittelbeschaffung
    • Marketing- und Vertriebsplanung
    • Kontaktvermittlung
    • Begleitung zu Behördern, Banken und wichtigen Gesprächen
    • Personalplanung
    • Beratung zu weiteren staatlichen Zuschüssen
  • staatlich bezuschusste Beratungs- und Begleitungsleistungen (Coaching)

Mein Fazit: Gründungsberatung und Beratung für junge Startups als auch Unternehmen wird staatlich subventioniert (Achtung: Wird Ihnen Steuerberatung und Rechtsberatung im Rahmen der Förderung angeboten, so handelt es sich dabei oft um Subventionsbetrug. Finger weg!). Günstiger können Sie sich keinen Facharbeiter und keinen strategischen Begleiter in das Unternehmen einbinden. Treffen Sie die Auswahl auf Basis der Art und Weiße, welchen Weg zur Selbstständigkeit Ihnen der Gründungsberater anbietet und wie detailgetreu er bereits im Erstgespräch auf Ihr Vorhaben eingeht. Im Besten Fallen finden Sie ein Beratungsunternehmen mit mehreren Beratern, sodass Sie sich mehrere Fachexperten zeitgleich einkaufen können. Mehr Informationen dazu gibt es auf der Seite Existenzgründungsberatung. Achten Sie bei der Auswahl des Beraters vor allem auf dessen Fachwissen (bspw. durch ein Studium der Betriebswirtschaft) und die vorhandenen Referenzen.
Banken, Investoren, Crowdfunding
Hier gibt es Geld gegen Vorlage von passenden Businessplänen / gewinnbringenden Vorhaben. Ohne gute Vorbereitung und passende Grundlagen kommt man meistens nicht so weit und erhält die Empfehlung, sich bei nicht vorhandenem Know-How einen der obigen Experten in das Team zu holen.

Freunde und Bekannte als Ansprechpartner für die Selbstständigkeit

Das Problem mit Freunden und Bekannten schildert Ronny Siegel in diesem Gastbeitrag, denn auch diese haben meist nicht das Fachwissen, welches Sie für Ihr Vorhaben benötigen. Auch wenn 100 Prozent aller Freunde Sie unterstützen, so ist die Meinung doch stark subjektiv geprägt und sagt leider oft nichts über die Wirklichkeit aus. Also, genießen Sie Lob und Kritik von Freunden bitte mit Vorsicht.

Meine Empfehlung für die Auswahl der Ansprechpartner für die Selbstständigkeit

  1. Nutzen Sie die kostenfreien Informationsangebote der Kammern und Verbände. Stellen Sie aktiv Fragen bei Gesprächen.
  2. Binden Sie einen Existenzgründerberater ein. Günstiger kommen Sie nicht an Fachwissen für Ihr Unternehmen.
  3. Wählen Sie unterstützende Dienstleister nach ihrer Fähigkeit des Mit- und Vorausdenkens aus. Wenn Sie ihm alles aus der Nase ziehen müssen, wird die Zusammenarbeit nicht gelingen. Investieren Sie daher anfangs ruhig mehr Zeit in die Auswahl, damit Sie später schneller vorankommen.
  4. Lassen Sie Vorsicht bzgl. des Rates Ihrer Freunde walten. Diese sind oft subjektiv geprägt, denn diese wollen Ihnen nur Gutes zukommen lassen.
  5. Kombinieren Sie die Expertisen der verschiedenen Fachberater. Stellen Sie sich Ihr Team zusammen.

Weitere Blogbeiträge der Reihe “Wie mache ich mich selbstständig?”

Teil 1: Wie mache ich mich selbstständig?
Teil 2: Was bedeutet Selbstständigkeit für das Einkommen?
Teil 3: Selbstständig machen – doch womit? – Ideenliste
Teil 4: Der Businessplan – geplanter Erfolg
Teil 5: Erste Ansprechpartner für die Selbstständigkeit
Teil 6: Geld für Gründer
Teil 7: Erste Gläubiger, wenn du selbstständig bist
Teil 8: Ein Jahr selbstständig: Wie geht es weiter?
Teil 9: Die ersten Mitarbeiter: Worauf sollte ich achten?